EGVP einrichten
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Ihr elektronisches Postfach
Das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) ist eine zentrale Infrastruktur für den sicheren Austausch von Dokumenten mit Gerichten, Behörden und anderen Teilnehmern des elektronischen Rechtsverkehrs. Die Einrichtung des EGVP wirkt auf den ersten Blick oft umfangreich, lässt sich mit der richtigen Anleitung jedoch leicht umsetzen.
Inhalte
Was ist EGVP und warum ist es wichtig?
Das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) ist seit 2004 in Deutschland verfügbar, bildet die Grundlage für den elektronischen Rechtsverkehr und ist für viele Berufsgruppen verpflichtend. Über das EGVP werden Dokumente verschlüsselt übertragen und rechtssicher zugestellt. Das erspart den Papierweg und macht die Kommunikation mit der Justiz schneller und effizienter. Das EGVP umfasst eine Infrastruktur aus Postfächern, die sich an verschiedene Berufsgruppen richtet. Die Einrichtung der einzelnen Postfächer kann technisch variieren. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über wichtige Voraussetzungen und Schritte bei der Einrichtung eines elektronischen Postfachs.
EGVP einrichten – Schritt für Schritt
Damit Sie Ihr EGVP-Postfach einrichten können, haben wir den Ablauf übersichtlich zusammengestellt. Wichtig: Der genaue Prozess hängt von der Rolle ab (z. B. beA für Rechtsanwälte, beN für Notare, beBPo für Behörden, eBO für Bürger/Organisation). Jede Rolle hat eigene Zuständigkeiten, Prüfstellen und teils unterschiedliche technische Anforderungen.
Schritt 1: Vorbereitung – Was benötigen Sie für die Einrichtung?
Rollen, Zuständigkeit und Antragsweg
Ermitteln Sie zuerst, welches besondere Postfach für Sie relevant ist (beA, beN, beBPo, eBO, beSt, MJP). Die Beantragung und Freischaltung erfolgen nicht zentral über eine einzige Stelle, sondern richten sich nach dem Postfachtyp:
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beA über die Rechtsanwaltskammer (BRaK)
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beN über die Bundesnotarkammer
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beBPo über die zuständige beBPo-Prüfstelle
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eBO über die jeweilige Registrierungsstrecke im EGVP-Umfeld
Technische Grundvoraussetzungen
Ein Arbeitsplatzrechner oder Webzugang ist erforderlich. Welche Softwarelösung Sie nutzen, hängt vom Postfachtyp und vom gewählten Anbieter ab. Es gibt sowohl klassische Clients als auch webbasierte Lösungen. Prüfen Sie die Systemanforderungen der für Sie passenden Komponente.
Identifikation / Zertifikate
Je nach Postfachtyp benötigen Sie ein Zugangs- oder Authentifizierungsmedium. Das kann eine Chipkarte (z. B. die beA-Karte mit Kartenleser) oder ein softwarebasiertes Zertifikat sein. Für Anwälte ist die beA-Karte Standard; alternativ kann ein Software-Token eingerichtet werden.
Organisationstechnische Vorbereitung (bei Behörden/Einrichtungen)
Behörden sollten intern klären, wer Nachrichten senden und empfangen darf, Berechtigungen dokumentieren und eine Ansprechstelle für die beBPo-Prüfstelle benennen. Erst nach der Freischaltung im SAFE-Verzeichnis durch die Prüfstelle ist das Postfach für den elektronischen Rechtsverkehr nutzbar.
Schritt 2: Software/Komponente auswählen und installieren
Auswahl
Wählen Sie eine von der Justiz akzeptierte bzw. für Ihre Rolle empfohlene Sende-/Empfangskomponente. Für unterschiedliche Rollen gibt es zugelassene Softwareprodukte, teilweise auch browserbasierte Varianten ohne klassische Installation.
Installation
Folgen Sie der Anleitung des Herstellers oder Betreibers. Bei (z. B. beA-Karte) benötigen Sie zusätzlich einen Kartenleser und müssen die Registrierung durchführen.
Schritt 3: Postfach beantragen, anlegen und registrieren
Typische Postfacharten im Überblick:
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beA – besonderes elektronisches Anwaltspostfach, Registrierung über die BRaK, Aktivierung mit beA-Karte.
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beN – besonderes elektronisches Notarpostfach, mit Anbindung an Notariatssoftware.
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beBPo – besonderes elektronisches Behördenpostfach, von der Justiz als sicherer Übermittlungsweg empfohlen. Hier kann auf qualifizierte Signaturen verzichtet werden, da das Verfahren selbst die sichere Übermittlung gewährleistet.
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eBO – besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach, für Bürger/Organisationen. Die Registrierung erfolgt per elektronischer Identifizierung (z. B. eID) und einer zugelassenen Sende-/Empfangskomponente.
Schritt 4: Aktivierung / Freischaltung (Prüfstelle, SAFE-ID)
SAFE-ID / Prüfstelle
Beim Anlegen erhalten Sie eine SAFE-ID als eindeutige Kennung. Für die produktive Nutzung muss die zuständige Prüfstelle das Postfach im SAFE-Verzeichnis freischalten. Erst dann können Sie es für den sicheren Übermittlungsweg verwenden.
Rollendokumentation & Berechtigungen
Gerade bei Behörden gilt: Legen Sie fest, wer Zugang hat und welche Rollen (Senden/Empfangen/Administrieren) bestehen. Diese Angaben sind für die Prüfstelle relevant und erhöhen die Sicherheit.
Schritt 5: Konfiguration des Postfachs / Sicherheitseinstellungen
Zugangs-/Authentifizierungsmedien
Richten Sie die vorgesehenen Chipkarten oder Softwarezertifikate samt PIN ein. Bei beA benötigen Sie Kartenleser und PIN-Eingabe; alternativ können Software-Tokens aktiviert werden.
Benachrichtigungseinstellungen
Aktivieren Sie Benachrichtigungen per E-Mail, um über neue Nachrichten informiert zu werden. Stellen Sie sicher, dass die Benachrichtigungen nur an vertrauenswürdige E-Mail-Adressen gesendet werden.
Sicherheitsmaßnahmen
Setzen Sie auf starke Passwörter, halten Sie Ihre Hardware/Software aktuell und sichern Sie Token/PINs zuverlässig. Multi-Faktor-Authentifizierung ist nicht in allen Postfächern verfügbar, sollte aber, sofern möglich, aktiviert werden.
Wichtige Hinweise zur Nutzung des EGVP
Für bestimmte Berufsgruppen und Organisationen ist die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr inzwischen verpflichtend. Rechtsanwälte und (beA), Notare (beN), Behörden (beBPo) sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind seit 2022 verpflichtet, Dokumente in vielen gerichtlichen Verfahren ausschließlich auf elektronischem Weg einzureichen. Bürger und Organisationen können freiwillig ein eBO nutzen.
Wichtig: Ob ein Dokument zwingend elektronisch einzureichen ist, hängt von der jeweiligen Verfahrensordnung ab. Wer die Pflicht missachtet, riskiert Fristversäumnisse oder dass das Gericht die Eingabe nicht berücksichtigt.
Für bestimmte Berufsgruppen und Organisationen besteht eine Pflicht zur Nutzung in bestimmten Verfahren. Werden Dokumente nicht elektronisch eingereicht, kann dies je nach Verfahrensordnung zu Fristversäumnissen oder Nichtberücksichtigung führen.
Originalnachrichten und Empfangsbestätigungen aufbewahren
Alle Nachrichten und die zugehörigen Eingangs- oder Zustellungsbestätigungen sollten dauerhaft gespeichert werden. Diese Nachweise sind im Zweifel entscheidend, um fristgerechte Übermittlungen oder die korrekte Zustellung zu belegen. Ein strukturiertes Ablagesystem ist deshalb unerlässlich.
Software und Komponenten aktuell halten
Egal, ob Sie einen lokalen Client oder eine webbasierte Lösung einsetzen: Halten Sie die Software sowie Kartenlesegeräte und Browser stets aktuell. Updates schließen Sicherheitslücken, sorgen für Kompatibilität mit den Justizsystemen und stellen sicher, dass alle Funktionen zuverlässig laufen.
Fazit: EGVP einrichten und effizient nutzen
Nach der Einrichtung empfiehlt es sich, feste Routinen einzuführen:
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Postfach regelmäßig prüfen
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interne Zuständigkeiten klar regeln
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Ablagestruktur für Nachrichten und Bestätigungen schaffen
So vermeiden Sie Fristversäumnisse und nutzen die Vorteile des elektronischen Rechtsverkehrs optimal.
Häufige Fragen zur Einrichtung des EGVP
Kann ich EGVP auf meinem Smartphone nutzen?
Die Kernfunktionen eines EGVP-Postfachs stehen in der Regel nur über Desktop-Software oder Webportale zur Verfügung. Einige Lösungen bieten ergänzende Benachrichtigungen auf Mobilgeräten, eine vollständige mobile Nutzung ist jedoch meist nicht vorgesehen.
Was kostet die Nutzung des EGVP?
Die Nutzung kann zusätzliche Kosten verursachen, etwa für Softwarelizenzen, Hardware wie Kartenleser oder Token sowie für Zertifikate und Identifizierungsverfahren. Die Kosten richten sich nach Postfachtyp und Anbieter.
Benötige ich zusätzliche Hardware für EGVP?
Ja, je nach Postfachtyp. Für beA, beN und beSt ist in der Regel eine Chipkarte (z. B. beA-Karte) samt kompatiblem Kartenlesegerät erforderlich. Alternativ können manche Systeme softwarebasierte Tokens anbieten.
Kann ich mehrere EGVP-Postfächer gleichzeitig verwalten?
Das hängt von der gewählten Software oder Weblösung ab. Manche Clients ermöglichen die Verwaltung mehrerer Postfächer parallel (z. B. für unterschiedliche Rollen oder Organisationen). In der Praxis ist dies jedoch nur sinnvoll, wenn Sie tatsächlich mehrere Postfächer nutzen müssen.